Aktuell erreichen die Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt viele Anfragen zur Entwicklung von Anwartschaften und Renten sowie Forderungen nach einem Inflationsausgleich. Welche Antworten gibt das Versorgungswerk?
Ist das Finanzierungsverfahren des Versorgungswerkes auch in turbulenten Zeiten geeignet?
Die Finanzierung der Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt basiert auf mehreren Komponenten. Alle Bestandteile zusammen bilden das offene Deckungsplanverfahren. Dieses Verfahren macht unser Versorgungswerk resilient und – nebenbei bemerkt – auch viele andere Versorgungswerke, denn es ist ein etabliertes System. Was sind nun die Standbeine der Finanzierung?
Neben den laufenden Mitgliederbeiträgen sind die Erträge aus unserer Kapitalanlage eine wichtige Quelle zur Finanzierung der Renten. Darüber hinaus berücksichtigt das Verfahren rechnerisch auch Beiträge, die aus dem Zugang von Neumitgliedern in der Zukunft resultieren. Damit die Rechnung aufgeht, ist also auch jedes Jahr ein Neuzugang von Berufsangehörigen nötig. Das Verfahren ermöglicht insgesamt eine Vorausfinanzierung der künftigen Renten, bei der neben den eingezahlten Beiträgen und dem vorhandenen Kapitalstock auch schon künftige Erträge in Höhe des Rechnungszinses sowie Beiträge künftiger Mitglieder fest eingerechnet sind.
Welche Rolle spielt der Rechnungszins?
Unsere satzungsgemäße Leistung enthält schon eine vorweggenommene Verzinsung der Beiträge in Höhe des Rechnungszinses. Basis der Berechnungen ist immer der gesamte Kapitalstock zur Absicherung der Renten. Die Ärzteversorgung verwaltet das angesparte Kapital nicht separat für jedes Mitglied individuell, sondern zusammen. Dies hat einen positiven Einfluss auf die Höhe der Anwartschaften und in der Rentenphase auf das angesparte Kapital. Durch den Zinseszinseffekt über Jahrzehnte ist der Wert der Altersvorsorge gut gegenüber der aktuellen Geldentwertung gewappnet. Den bald zwei inflationären Jahren stehen Jahrzehnte gegenüber, in denen das Versorgungswerk einen realen Mehrwert für Mitglieder und Rentner erwirtschaftete.
Was sind die Voraussetzungen für eine Dynamisierung?
Ganz einfach gesagt: Wir können nur das ausschütten, was wir vorher auch erwirtschaftet haben. So entscheidet die Kammerversammlung entsprechend dem Überschuss des Vorjahres, ob im Folgejahr eine Dynamisierung möglich ist und welchen Umfang sie haben kann. Dabei berücksichtigt sie insbesondere die Risikosituation und vorhandene Rücklagen. Ein weiterer Aspekt sind aufsichtsrechtliche Vorschriften. Da das Dynamisierungspotenzial vom jeweiligen Jahresergebnis abhängt, sind Aussagen zu Dynamisierungen in kommenden Jahren leider nicht möglich.
Bietet das Versorgungswerk einen Inflationsausgleich?
Einen Ausgleich bietet die Ärzteversorgung nicht als Einzelmaßnahme. Aber ein Rechnungszins von 4,00 % bis 2015 und aktuell temporär 3,00 % hat es ermöglicht, dass das Versorgungswerk das Rentenniveau so berechnet, dass Steigerungen weit über der Inflationsrate von vornherein in das Leistungsversprechen integriert sind. Mitglieder sowie Rentnerinnen und Rentner konnten sich so über einen Mehrwert gegenüber der Geldentwertung freuen. In der momentanen Situation ist das natürlich nicht so. Aber Regierungen und Notenbanken arbeiten mit Hochdruck daran, die Inflation zurückzudrängen. So ist die Inflationsrate inzwischen deutlich gefallen.
Was ist wichtiger für eine gute Entwicklung der Anwartschaften und Renten: Rechnungszins oder Dynamisierung?
Im Austausch merken wir, dass Mitglieder Dynamisierungen einen hohen Stellenwert beimessen. Dabei ist der Rechnungszins der stärkere Hebel für eine gute Rente. Denn er stellt Mitgliedern verlässlich höhere Zahlungen in Aussicht, also von Anfang an ein auskömmliches Rentenniveau. Ein Konzept, das von einem niedrigen Rechnungszins ausgeht und dafür regelmäßige hohe Dynamisierungen vorsieht, verurteilt Mitglieder dagegen zu einem anfangs vergleichsweise niedrigen Rentenniveau, das dann im Laufe der Jahre durch Dynamisierungen – die dann hoffentlich wirtschaftlich möglich sind – allmählich steigt. Fazit: Ein guter Rechnungszins sichert eine höhere Startrente und eine bessere Planbarkeit.
Derzeit sind die Zinsen bei Tages- und Festgeld hoch: Warum spiegelt sich das nicht direkt in Rechnungszins und Dynamisierungen wider?
Vorweg: Die Zinswende spielt uns in die Karten, allerdings erst mittel- bis langfristig. Durch Vorgaben der Aufsicht und aufgrund der Portfoliodiversifizierung besitzen wir einen bedeutenden Bestand an festverzinslichen Wertpapieren, die teilweise einen niedrigen Zins aufweisen und so unser Ergebnis noch einige Zeit beeinflussen werden. Dieser Einfluss wird sich aber bei anhaltend hohen Zinsen neuer Anlagen abschwächen. Die vollen positiven Effekte der Zinswende wird die Ärzteversorgung daher erst schrittweise in den kommenden Jahren ausschöpfen können.